Fallbericht: Megacolon-Syndrom beim Kaninchen
Das Megacolon-Syndrom ist unter Kaninchenhaltern weitestgehend unbekannt. Nur wer sich intensiv mit der Kaninchenhaltung beschäftigt oder selbst ein Tier mit dieser Erbkrankheit zuhause hatte, könnte von Megacolon gehört haben.
Im Jahre 2014 kamen zwei Kaninchen zu uns, Lilli und Lotta – zwei Schwestern. Beide wurden mit Mutter und älterer Schwester vor dem lokalen Tierheim im Käfig abgestellt. Weitere Geschwister wurden in der Silvesternacht geboren. Die Familie wuchs wohlbehütet in einer Pflegestelle auf.
Aus dieser Gruppe adopierten wir die kleinsten Kaninchendamen, im Alter von 12 Wochen. Beide waren weiß, mit einem geringen Anteil an schwarzen Punkten. Beide waren kleiner als die Geschwister, was auf eine verzögerte Entwicklung hätte hindeuten können. Megacolon-Syndrom Kaninchen sind als Jungtiere kleiner als ihre Geschwister.
Megacolon im ersten Lebensjahr: verzögerte Entwicklung und übergroße Köttel
Beide Kaninchen entwickelten sich ab dem Alter von 1 Jahr als Spätzünder prächtig. Sie wuchsen heran und waren wohlgenährt mit ca 1,8 – 2 kg. Appettit war stets vorhanden.
Eine erste Auffälligkeit ergab sich bei der Größe der Kügelchen. Die Köttelchen waren im Vergeich zum Körper überproportioniert. Beide hinterließen übergroße Ausscheidungen. Wir schauten mit Respekt auf die Hinterlassenschaften. Wie wir heute Wissen ist dies bei weißen Kaninchen mit andersfarbiger Fellprägung unter 5% ein erster Indikator.
Megacolon im zweiten Lebensjahr: Parasiten
Natürlich nehmen wir auch bei unseren eigenen Tieren Kotproben vor und stießen im zweiten Lebensjahr auf Würmer. Erfolgreich behandelt mit Fenbendazolen, brachte die nächste Kotprobe Kokzidien hervor. So wechselten wir uns ab und wurden nur selten parasitenfrei. Das ständige Vorkommen von Darmparasiten hätte uns ein weiterer Hinweis auf Megacolon sein können. Hinzu kam, dass das Immunsystem bei Lotta abbaute und die als einziges Tier in der Gruppe Schnupfen bekam. Nur, niemand steckt sich an.
Megacolon im dritten Lebensjahr: Gewichtsabnahme
Mit dem dritten Lebensjahr wurden beide Schwestern erkennbar schlanker. Obgleich zunächst sich die Ernährung nicht geändert hat und später mit ölhaltigen Sämereien gegengesteuert wurde, nahmen beide Schwestern ab wie hier im Profilbild schön zu sehen ist. Der Bauch blieb rund, die Flanken fielen ein. Die Gewichtsabnahme erfolgte auch, wenn große Mengen gefressen wurden. Andere Tiere der Gruppe nahmen hingegen zu. Heute wissen wir, Megacolon als erweiterter Dickdarm hemmt die Verdauung und führt zu einer nicht hinreichenden Resorption der Nährstoffe.
Megacolon Ende drittes Lebensjahr: Lilli verstirbt an Magenüberladung
Ohne Anzeichen setzte Heiligabend bei Lilli eine Verstopfung ein. Aus der Notoperation erwachte sie nicht mehr vollständig. Der Keislauf kollabierte. Durch Gespräche in Fachkreisen wurde der Hinweis auf Megacolon gegeben. Nun passte alles zusammen und ergab ein Muster.
Megacolon Ende viertes Lebensjahr: Lotta baut stark ab
Mit der Kenntnis über die Krankheit Megacolon versuchten Lotta aufzubauen und gegen die Krankeit zu steuern. Die Gewichtsabnahme von Lotta setzte sich weiter fort. Wir bemühten uns mit Sämereien, Lactulose, Schwarzkümmelöl und Schmelzflocken. Alles vergebens! Unsere Gruppe war mittlerweise pummelig, nur Lotta war Haut und Knochen.
Im fünften Jahr verstarb Lotta mit nur noch 1,2 kg am Magenüberladung.